Urteilstenor | Gericht und Aktenzeichen |
Geschädigter kann zum Unfallersatzwagentarif seinen Mietwagen anmieten, ohne dabei gegen die Schadensminderungspflicht zu verstoßen |
Oberlandesgericht |
Vorinstanz: LG Nürnberg-Fürth Aktenzeichen: B O 7958/03
Oberlandesgericht Nürnberg
IM NAMEN DES VOLKES
ENDURTEIL
In Sachen ...
-Kläger und Berufungsbeklagter
Prozessbevollmächtigter ...
gegen
- Beklagte und Berufungsklägerin -
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte: .........................................................
wegen Schadensersatzes,
hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Nürnberg, durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Guerrein, den Richter am Oberlandesgericht Schüssel und die Richterin am Oberlandesgericht Graf aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 20. Januar 2005
für Recht erkannt:
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil am Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 28.05.2004 wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahren zu tragen.
III Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beschluss:
Der Streitwert für das Berufungs- Verfahren wird festgesetzt auf
6.078,87 EUR.
Tatbestand
und
Entscheidungsgründe
I.
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 313 a ZPO abgesehen. Insoweit wird auf den Tatbestand des Ersturteils und die in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
II.
Die zulässige Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth hat in der Sache keinen Erfolg. Die Beklagte ist verpflichtet, den vom Kläger mit der Klage geltend gemachten Anspruch auf Ersatz des Schadens aus dem Unfall vom 07.04.2003 zu erstatten. Die Mietwagenkosten sind in Höhe der Rechnung der Firma ... vom 19.05.2003 als erforderlicher Aufwand zu erachten. Dem Kläger kann von der Beklagten nicht wirksam entgegengehalten werden, er habe nur einen Befreiungsanspruch, da die Mietwagenkosten von ihm gegenüber dem Mietwagenunternehmen noch nicht beglichen worden seien. Nach der absolut herrschenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur gehören die Kosten der Miete einer Ersatzsache zu dem Herstellungsaufwand, der bei Beschädigung oder Zerstörung einer Sache nach § 249 Abs. 2 S. 7 BGB zu ersetzen ist (Greger, Haftungsrecht des Straßenverkehrs, 3. Aufl., Schlussanhang I, Rn 5; Geigel, Der Haftpflichtprozeß, 24. Aufl. Rn 67 zu Kap. 3 mit Hinweisen auf die Rechtsprechung des BGH). Der Kläger kann dem gemäß von der Beklagten den für die Bezahlung der Mietwagenrechnung erforderlichen Geldbetrag verlangen. Dahinstehen kann, ob und inwieweit der Tarif, zu welchen der Kläger das Ersatzfahrzeug anmietete, als erforderlichen Aufwand zur Schadensbeseitigung im Sinne des Urteils des BGH vom 12.10.2004 (NJW 05, S. 52) angesehen werden kann. Zur Versagung eines Anspruches des Geschädigten ist an nämlich über das eventuelle Vorliegen eines aus betriebswirtschaftlicher Sicht nicht gerechtfertigten Tarifes hinaus erforderlich, dass dem Geschädigten ein günstigerer Tarif zugänglich war, was selbst unter Zugrundelegung des Sachvorliegen der Beklagten konkret im vorliegenden Fall nicht anzunehmen ist. Auch nach der zitierten Entscheidung des BGH ist nicht allein darauf abzustellen, ob irgendein günstiger Tarif überhaupt existiert, sondern auch darauf, dass der Kläger in seinem konkreten Schadensfall ein Fahrzeug zu diesem Tarif hätte anmieten können. Hier macht demgegenüber die Beklagte selbst umfangreiche Ausführungen dazu, dass zumindest im streitgegenständlichen Zeitraum im Hinblick auf ein einheitliches Preisgestaltungsverfahren der Mietwagenunternehmer für einen Unfallgeschädigten kaum die Möglichkeit bestand, einen günstigeren Tarif zu erhalten. Auch bei Kenntnis der von der Beklagten vorgelegten „Vermietpreisübersicht Nürnberg zum 01.02.2004“ hätte der Kläger keinen wesentlich günstigeren Tarif finden können. Dabei ist die besondere Situation des Klägers zu beachten. Der Unfall ereignete sich am Gründonnerstag, der Kläger hatte also nur begrenzte Zeit, vor den Feiertagen ein Ersatzfahrzeug zu erhalten. Im Hinblick darauf, dass vom Sachverständigen die Reparaturdauer nur auf 12 Tage geschätzt worden war und der Kläger nicht erkennen konnte, dass eine längere Reparaturdauer wegen der zögerlichen Beschaffung von Ersatzteilen nötig sein würde, war er auch nicht zu besonderen Anstrengungen zur Minderung des Schadens verpflichtet. Die Einrede der Beklagten, der Kläger sei nur zur Absetzung seiner eventuellen Schadensersatzansprüche gegenüber dem Mietwagenunternehmer wegen dessen mangelnder Aufklärung sowie zur Auskunft über sie Einzelheiten des Zustandekommens des Mietvertrages verpflichtet, hat der Kläger durch Vorlage der entsprechenden Erklärungen entkräftet.
Soweit die Beklagte die Unangemessenheit der Versicherung für die Haftungsbefreiung rügt, gelten die vorstehenden Ausführungen entsprechend.
Die herrschende Rechtsprechung mutet einem Geschädigten im Rahmen der ihm obliegenden Schadensminderungspflicht grundsätzlich nicht zu, dass er ein Mietfahrzeug unter Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel abholen und zurückgeben muss. Die dementsprechend angefallenen Abhol- bzw. Zustellkosten sind somit zu erstatten.
Dass die Expresskosten unvermeidbar bei der Anlieferung der Ersatzteile anfielen, wurde ebenfalls glaubhaft von den Zeugen ..... und ..... bestätigt. ...... bekundete, dass um überhaupt eine alsbaldige Übersendung von Ersatzteilen für die Reparatur von Unfallschäden erwarten zu können, die Bestellung nicht per Sammelbestellung, sondern grundsätzlich per Express erfolgte. Zum Ausgleich des Expressaufschlages von 5% und das Wegfalls der verschiedenen Rabattgruppen von durchschnittlich 4 – 10 % sei auf die Listenpreise der Hersteller 10 % aufgeschlagen worden. Der Zeuge Bernd Steinmüller bestätigte, dass nach dem Inhalt eines in seiner Anwesenheit geführten Telefongespräches zwischen Herrn ..... und einem Angestellten der Lieferfirma sowie einer späteren Erläuterung durch Herrn ..... die Ersatzteile mit Expresskostenaufschlag bestellt werden mussten.
III.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus $ 97 Abs. 1 ZPO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 543 ZPO sind nicht gegeben, da die Rechtsache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist.
Guerrain Graf Schüssel Vorsitzender Richter Richterin Richter Richter am Oberlandesgericht am Oberlandesgericht am Oberlandesgericht
verkündet am 03. Februar 2005 |